Die Landesdelegiertenversammlung der Jusos Sachsen möge beschließen und an den Landesparteitag der SPD und die SPD-Landtagsfraktion weiterleiten:
Die Jusos Sachsen fordern eine Umgebung an Hochschulen, die ein angst- und druckfreies Lernen und Studieren ermöglicht. Im Konkreten umfasst dies folgende Forderungen:
- Jede Prüfungsleistung, ob bestanden oder nicht, darf beliebig oft wiederholt werden.
- Wer prüfungsunfähig ist, kann sich in einem einfachen, einheitlichen und fairen Verfahren von bevorstehenden Prüfungsleistungen abmelden. Die Prüfungsunfähigkeit wird dabei im Krankheitsfall für Studierende kostenfrei von einer Ärztin bzw. einem Arzt festgestellt. Ebenso sind noch einfachere Verfahren wie die Abmeldung ohne Grund denkbar.
- Ein erfolgreiches Studium darf nicht von der sozialen Herkunft und finanziellen Möglichkeiten des Einzelnen abhängig sein. Von daher braucht es ein elternunabhängiges, ausgeweitetes BAFöG ohne Leistungsnachweis nach dem vierten Semester.
An den Hochschulen Sachsens hat sich parallel zur Bologna-Reform eine vom Leistungsdruck geprägte Studien- und Lernumgebung etabliert. Neben der Einführung von modularisierten Diplomstudiengängen, kann dieser künstliche Leistungsdruck als einer der vielen lokalen und länderspezifischen Sabotageakte auf die Bologna-Reform verstanden werden. [1] Die Jusos Sachsen unterstellen, dass Studierende grundsätzlich den Anspruch haben ihr Studium in einem angemessenen Zeitraum erfolgreich abzuschließen. Externe Repressalien führen dazu, dass Studierende kurz vor erfolgreichem Abschluss ihres Studiums daran gehindert werden und unter künstlichem Druck studieren, sodass Prüfungsergebnisse negativ beeinflusst werden.
Beliebige Wiederholbarkeit von Prüfungsleistungen
Die wenig restriktive Regelung zur beliebig häufigen Wiederholbarkeit von bestandenen wie nicht bestandenen Prüfungsleistungen wird bereits seit mehr als 10 Jahren erfolgreich an der Universität Bielefeld gelebt. [2] Es zeigt sich deutlich, dass Studierende ohne künstlichen Druck vergleichbare Ergebnissen ohne Steigerung der durchschnittlichen Studiendauer oder eine Erhöhung der Prüfungsversuchsanzahl erreichen. Im Einzelfall verhindert eine weniger restriktive Regelung den Abbruch eines Studiums.
Ein zusätzlicher positiver Effekt besteht darin, dass der Kompetenzorientierung des Studiums Rechnung getragen wird. Bislang gibt es keinen Anreiz den Stoff einer knapp bestandenenen Prüfungsleistung selbstständig zu wiederholen. Kann man eine bereits bestande Prüfung jedoch nochmals ablegen, spiegelt das Abschlusszeugnis viel eher die erworbenen Kompetenzen wider – auch wenn diese möglicherweise über einen längeren Zeitraum durch mehrere Prüfungsversuche erworben wurden.
Die Jusos unterstützen die Forderung, die Beschränkung von Wiederholungsmöglichkeiten bei Prüfungsleistungen aller Art aufzuheben: Die Wiederholbarkeit soll dabei sowohl für bestandene als auch für nicht bestandene Prüfungsleistungen ermöglicht werden. Zur Umsetzung dieses Ziels fordern die Jusos eine Anpassung des sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes in §35 Abs. 4 & 5 und eine anschließende Reformierung aller sächsischen Prüfungsordnungen.
Feststellung von Prüfungsunfähigkeit
Die Hochschullandschaft Sachsens braucht ein faires, einfaches und einheitliches Verfahren zur krankheitsbedingten Abmeldung von Prüfungsleistungen an Hochschulen. Die bislang gängige Praxis ist von Hochschule zu Hochschule und von Studiengang zu Studiengang stark unterschiedlich. Dies sorgt für Verwirrung und Ungleichbehandlung von Studierenden.
In nicht seltenen Extremfällen fordern Prüfungsausschüsse Diagnosen, Symptome und weitere sehr schützenswerte persönliche Daten von ihren Studierenden in Form von mehrseitigen Gutachten ein, um über eine mögliche Prüfungsunfähigkeit zu entscheiden. [3] Im Gegensatz zur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – bekannt als „gelber Zettel“ – gibt es kein standardisiertes Gutachten, welches von den Krankenkassen finanziert wird und von den behandelnden Ärzt*innen routinemäßig erstellt werden kann. In der Regel müssen betroffene Studierende die für jedes Formular entstehenden Kosten aus eigener Tasche bezahlen. Diese Art der Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung stellt somit einen unnötigen Aufwand für Ärzte, Studierende und Prüfungsbehörden dar.
Im Weiteren erscheint es nicht sinvoll, dass Ärzte zwar eine Arbeitsunfähigkeit feststellen können, bei der Prüfungsunfähigkeit jedoch „fachfremd“ sind. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass im Anschluss Menschen ohne medizinische Fachkenntnis auf Basis des Gutachtens über die Prüfungsunfähigkeit entscheiden. Für die im Bologna-Prozess sehr wichtig gewordenen Einzelnoten sollte vielmehr besonders sensibel auf die tatsächliche Prüfungsfähigkeit der Studierenden geachtet werden.
Elternunabhängiges BAFöG für alle ohne Leistungsnachweis
Ein erfolgreiches Studium in einem angemessenen Zeitraum abzuschließen, setzt voraus, dass eine ausreichende persönliche Finanzierung zu Grunde liegt. Finanzielle Engpässe sind eine der Hauptursachen für einen vorzeitigen, nicht fachlich bedingten, Studienabbruch. Heute kann nur noch ein knappes Viertel der Studierenden auf eine Unterstützung durch BAFöG zurückgreifen und mehr als 60% der Studierenden gehen neben ihrem Vollzeitstudium zur Selbstfinanzierung arbeiten. Zusätzlich sind sächsische Studierende im bundesweiten Vergleich finanziell am schlechtesten ausgestattet. [4]
Eine Kernforderung der Jusos Sachsen zur Flexibilisierung des Studiums ist die bedingungslose Ausdehnung der Ausbildungsförderung auf insgesamt bis zu 14 Semester pro Studierenden – unabhängig von eigenem oder elterlichen Einkommen, Vermögen sowie dem expliziten Studienfortschritt. Dies ermöglicht auch spätere oder öftere Studiengangswechsel, was insbesondere den Druck herausnimmt, sich sofort und endgültig für das „richtige“Studium entscheiden zu müssen. Das Studium ist insbesondere auch eine Phase der Persönlichkeitsentwicklung, sodass Neigungsänderungen erwartbar sind. Dank dieser flexibleren Handhabung ist auch ein Zweitstudium förderfähig. Für den Wechsel aufgrund von unabweisbaren Gründen sindSonderregelungen zu treffen.
Das Teilzeitstudium ermöglicht in Sachsen vielen hundert Studierenden ein Studium neben dem Großziehen eigener Kinder oder der Pflege von Angehörigen. Jedoch fehlt die Möglichkeit, im Teilzeitstudium im Rahmen des BAFöG gefördert zu werden. Deswegen schlagen die Jusos Sachsen vor, die Förderungsdauer im Teilzeitstudium analog zur Studiendauer zu verdoppeln, während Teilzeitstudierende mindestens den halben BAFöG-Satz erhalten.
Ein künstliches Element zur Steigerung des Leistungsdrucks wie der Leistungsnachweis hat sich als wenig zielführende Maßnahme herausgestellt. Im Bachelor-Master-System in einer 6+4-Semester Struktur führt der Nachweis eher dazu, dass Studierende im 5. und 6. Bachelor-Semester ihr Studium aus finanziellen Gründen nicht fortsetzen können und somit vorzeitig abbrechen müssen. Warum ausgerechnet für das dritte Studienjahr eine Leistungsüberprüfung zur Förderungsfortsetzung erfolgt, für jedes andere der vier Studienjahre aber nicht, ist zusätzlich fraglich.
[1] https://zapf.wiki/images/b/b1/Landfried_2014.pdf
[2] https://ekvv.uni-bielefeld.de/wiki/en/Erl%C3%A4uterungen_zu_den_%22Rahmenpr%C3%BCfungsordnungen%22#3%29_Wiederholbarkeit_von_Einzelleistungen
[3] https://www.stura.tu-dresden.de/pr%C3%BCfungsunf%C3%A4higkeit_im_krankheitsfall
[4] http://www.sozialerhebung.de/download/21/Soz21_hauptbericht.pdf
Änderungsanträge
Status | Kürzel | Zeile | AntragstellerInnen | Text | |
---|---|---|---|---|---|
Ablehnung | ÄA zum Hs-5 | 1392 | Jusos SV Leipzig | Ersetze in Zeile 1392 Hochschulfreiheitsgesetz durch Hochschul“freiheits“gesetz | Änderungsantrag (PDF) |
Beschlossen vom LA
Die Jusos Sachsen fordern eine Umgebung an Hochschulen, die ein angst- und druckfreies Lernen und Studieren ermöglicht. Im Konkreten umfasst dies folgende Forderungen:
- Jede Prüfungsleistung, ob bestanden oder nicht, darf beliebig oft wiederholt werden.
- Wer prüfungsunfähig ist, kann sich in einem einfachen, einheitlichen und fairen Verfahren von bevorstehenden Prüfungsleistungen abmelden. Die Prüfungsunfähigkeit wird dabei im Krankheitsfall für Studierende kostenfrei von einer Ärztin bzw. einem Arzt festgestellt. Ebenso sind noch einfachere Verfahren wie die Abmeldung ohne Grund denkbar.
- Ein erfolgreiches Studium darf nicht von der sozialen Herkunft und finanziellen Möglichkeiten des Einzelnen abhängig sein. Von daher braucht es ein elternunabhängiges, ausgeweitetes BAFöG ohne Leistungsnachweis nach dem vierten Semester.
An den Hochschulen Sachsens hat sich parallel zur Bologna-Reform eine vom Leistungsdruck geprägte Studien- und Lernumgebung etabliert. Neben der Einführung von modularisierten Diplomstudiengängen, kann dieser künstliche Leistungsdruck als einer der vielen lokalen und länderspezifischen Sabotageakte auf die Bologna-Reform verstanden werden. [1] Die Jusos Sachsen unterstellen, dass Studierende grundsätzlich den Anspruch haben ihr Studium in einem angemessenen Zeitraum erfolgreich abzuschließen. Externe Repressalien führen dazu, dass Studierende kurz vor erfolgreichem Abschluss ihres Studiums daran gehindert werden und unter künstlichem Druck studieren, sodass Prüfungsergebnisse negativ beeinflusst werden.
Beliebige Wiederholbarkeit von Prüfungsleistungen
Die wenig restriktive Regelung zur beliebig häufigen Wiederholbarkeit von bestandenen wie nicht bestandenen Prüfungsleistungen wird bereits seit mehr als 10 Jahren erfolgreich an der Universität Bielefeld gelebt. [2] Es zeigt sich deutlich, dass Studierende ohne künstlichen Druck vergleichbare Ergebnissen ohne Steigerung der durchschnittlichen Studiendauer oder eine Erhöhung der Prüfungsversuchsanzahl erreichen. Im Einzelfall verhindert eine weniger restriktive Regelung den Abbruch eines Studiums.
Ein zusätzlicher positiver Effekt besteht darin, dass der Kompetenzorientierung des Studiums Rechnung getragen wird. Bislang gibt es keinen Anreiz den Stoff einer knapp bestandenenen Prüfungsleistung selbstständig zu wiederholen. Kann man eine bereits bestande Prüfung jedoch nochmals ablegen, spiegelt das Abschlusszeugnis viel eher die erworbenen Kompetenzen wider – auch wenn diese möglicherweise über einen längeren Zeitraum durch mehrere Prüfungsversuche erworben wurden.
Die Jusos unterstützen die Forderung, die Beschränkung von Wiederholungsmöglichkeiten bei Prüfungsleistungen aller Art aufzuheben: Die Wiederholbarkeit soll dabei sowohl für bestandene als auch für nicht bestandene Prüfungsleistungen ermöglicht werden. Zur Umsetzung dieses Ziels fordern die Jusos eine Anpassung des sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes in §35 Abs. 4 & 5 und eine anschließende Reformierung aller sächsischen Prüfungsordnungen.
Feststellung von Prüfungsunfähigkeit
Die Hochschullandschaft Sachsens braucht ein faires, einfaches und einheitliches Verfahren zur krankheitsbedingten Abmeldung von Prüfungsleistungen an Hochschulen. Die bislang gängige Praxis ist von Hochschule zu Hochschule und von Studiengang zu Studiengang stark unterschiedlich. Dies sorgt für Verwirrung und Ungleichbehandlung von Studierenden.
In nicht seltenen Extremfällen fordern Prüfungsausschüsse Diagnosen, Symptome und weitere sehr schützenswerte persönliche Daten von ihren Studierenden in Form von mehrseitigen Gutachten ein, um über eine mögliche Prüfungsunfähigkeit zu entscheiden. [3] Im Gegensatz zur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – bekannt als „gelber Zettel“ – gibt es kein standardisiertes Gutachten, welches von den Krankenkassen finanziert wird und von den behandelnden Ärzt*innen routinemäßig erstellt werden kann. In der Regel müssen betroffene Studierende die für jedes Formular entstehenden Kosten aus eigener Tasche bezahlen. Diese Art der Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung stellt somit einen unnötigen Aufwand für Ärzte, Studierende und Prüfungsbehörden dar.
Im Weiteren erscheint es nicht sinvoll, dass Ärzte zwar eine Arbeitsunfähigkeit feststellen können, bei der Prüfungsunfähigkeit jedoch „fachfremd“ sind. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass im Anschluss Menschen ohne medizinische Fachkenntnis auf Basis des Gutachtens über die Prüfungsunfähigkeit entscheiden. Für die im Bologna-Prozess sehr wichtig gewordenen Einzelnoten sollte vielmehr besonders sensibel auf die tatsächliche Prüfungsfähigkeit der Studierenden geachtet werden.
Elternunabhängiges BAFöG für alle ohne Leistungsnachweis
Ein erfolgreiches Studium in einem angemessenen Zeitraum abzuschließen, setzt voraus, dass eine ausreichende persönliche Finanzierung zu Grunde liegt. Finanzielle Engpässe sind eine der Hauptursachen für einen vorzeitigen, nicht fachlich bedingten, Studienabbruch. Heute kann nur noch ein knappes Viertel der Studierenden auf eine Unterstützung durch BAFöG zurückgreifen und mehr als 60% der Studierenden gehen neben ihrem Vollzeitstudium zur Selbstfinanzierung arbeiten. Zusätzlich sind sächsische Studierende im bundesweiten Vergleich finanziell am schlechtesten ausgestattet. [4]
Eine Kernforderung der Jusos Sachsen zur Flexibilisierung des Studiums ist die bedingungslose Ausdehnung der Ausbildungsförderung auf insgesamt bis zu 14 Semester pro Studierenden – unabhängig von eigenem oder elterlichen Einkommen, Vermögen sowie dem expliziten Studienfortschritt. Dies ermöglicht auch spätere oder öftere Studiengangswechsel, was insbesondere den Druck herausnimmt, sich sofort und endgültig für das „richtige“Studium entscheiden zu müssen. Das Studium ist insbesondere auch eine Phase der Persönlichkeitsentwicklung, sodass Neigungsänderungen erwartbar sind. Dank dieser flexibleren Handhabung ist auch ein Zweitstudium förderfähig. Für den Wechsel aufgrund von unabweisbaren Gründen sindSonderregelungen zu treffen.
Das Teilzeitstudium ermöglicht in Sachsen vielen hundert Studierenden ein Studium neben dem Großziehen eigener Kinder oder der Pflege von Angehörigen. Jedoch fehlt die Möglichkeit, im Teilzeitstudium im Rahmen des BAFöG gefördert zu werden. Deswegen schlagen die Jusos Sachsen vor, die Förderungsdauer im Teilzeitstudium analog zur Studiendauer zu verdoppeln, während Teilzeitstudierende mindestens den halben BAFöG-Satz erhalten.
Ein künstliches Element zur Steigerung des Leistungsdrucks wie der Leistungsnachweis hat sich als wenig zielführende Maßnahme herausgestellt. Im Bachelor-Master-System in einer 6+4-Semester Struktur führt der Nachweis eher dazu, dass Studierende im 5. und 6. Bachelor-Semester ihr Studium aus finanziellen Gründen nicht fortsetzen können und somit vorzeitig abbrechen müssen. Warum ausgerechnet für das dritte Studienjahr eine Leistungsüberprüfung zur Förderungsfortsetzung erfolgt, für jedes andere der vier Studienjahre aber nicht, ist zusätzlich fraglich.
[1] https://zapf.wiki/images/b/b1/Landfried_2014.pdf
[2] https://ekvv.uni-bielefeld.de/wiki/en/Erl%C3%A4uterungen_zu_den_%22Rahmenpr%C3%BCfungsordnungen%22#3%29_Wiederholbarkeit_von_Einzelleistungen
[3] https://www.stura.tu-dresden.de/pr%C3%BCfungsunf%C3%A4higkeit_im_krankheitsfall
[4] http://www.sozialerhebung.de/download/21/Soz21_hauptbericht.pdf