S-02 Schaffung und Veröffentlichung eines Armutsberichtes durch den Freistaat Sachsen

Status:
Annahme

Der SPD-Landesparteitag möge beschließen und an die SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag weiterleiten:

Die SPD-Landtagsfraktion wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass der Freistaat Sachsen aller zwei Jahre einen Armutsbericht veröffentlicht. Dieser Bericht soll Zahlen zur Armutsentwicklung, nicht nur Einkommensarmut, zu politischen und gesellschaftlichen Teilhabechancen veröffentlichen, Maßnahmen zur Armutsbekämpfung vorschlagen und die Wirksamkeit dieser Maßnahmen prüfen.

 

Begründung:
Der Freistaat Sachsen hat im Jahr 2006 letztmalig einen Sozialbericht veröffentlicht. Im Jahr 2007 folgte eine „Konzeption der Sächsischen Staatsregierung zur Vermeidung von Armutsrisiken und zur Förderung von Teilhabechancen in Sachsen“. Seitdem gibt es keine Veröffentlichung des Landes Sachsen zur Armutsentwicklung und den Teilhabechancen von Menschen in prekären Lebenslagen. Ebenso keine Daten, die die in der Konzeption verfolgten Ziele und Aussagen in kürzeren oder mittleren Zeiträumen überprüft und somit eine Zielkorrektur der Maßnahmen ermöglicht hätten. Seit 2007 existieren zur Entwicklung von Armutsverhältnissen in Sachsen nur Datenerhebungen der Liga der freien Wohlfahrtsverbände, die sich zwangsläufig nur auf die Personen beschränken können, die in den jeweiligen Einrichtungen vorsprechen.  Im Artikel 7 der sächsischen Landesverfassung wird „das Recht eines jeden Menschen auf ein menschenwürdiges Dasein, insbesondere auf Arbeit, auf angemessenen Wohnraum, auf angemessenen Lebensunterhalt, auf soziale Sicherung und auf Bildung, als Staatsziel an[erkannt].“2 Dieses Recht ist eher als Auftrag an die sächsische Landesregierung zur Umsetzung dieses Rechtsanspruchs zu verstehen als ein einklagbares Recht eines einzelnen Bürgers. An der Erfüllung dieses Zieles muss sich eine Landesregierung messen lassen können und 39 die Kenngrößen hierfür müssen erfasst, veröffentlicht und zur Diskussion gestellt werden.Es ist ein Skandal, dass der größte Exklusionsgrund in Sachsen weder statistisch erfasst, in genauen Kennziffern benannt und somit keine belastbare Grundlage für sozialpolitische Entscheidungen geschaffen wird. Vielmehr wird vermittelt, dass Armut ein rein persönliches Risiko ist, welches durch Fleiß und Anstrengung vermeidbar ist. Die Gleichsetzung von Armut und „sozial schwach“ ist dafür bezeichnend.  Somit beschränkt sich Armutsbekämpfung allein auf Arbeitsvermittlung sowie den Hinweis auf persönliche Schwächen und Defizite der von Armut betroffenen Menschen. Die Beachtung der beschränkten Möglichkeiten zur politischen und gesellschaftlichen Teilhabe dieser Menschen spielen bei so einer Sichtweise auf Armut nur eine untergeordnete Rolle und begleitende Maßnahmen zur Armutsbekämpfung wie das Recht auf Selbstbestimmung und Selbstorganisation, soziale Teilhabeleistungen wie Beratung, Coaching, Hilfen zur Erziehung, Kinderbetreuung, Schuldnerberatung etc., Hilfen zum Wohnen, zum Schutz vor Gewalt und zur Förderung der Gesundheit werden dabei ausgeblendet. Viel eher ist zu beobachten, dass das Thema Armut vor allem von Meinungen, persönlichen Erlebnissen von Bekannten aus dem Freundeskreis geprägt ist und von diesen Einzelfällen auf eine Personengruppe geschlossen wird, für die ausreichend Angebote existieren, die diese nur nicht in Anspruch nehmen oder nicht nehmen wollen. Eine regelmäßige Datenerhebung der Lebenslagen mit klar definierten Eckwerten und Messgrößen zur Armut und deren gesellschaftlichen Folgen kann den Blick schärfen und zu sozialpolitischen Entscheidungen führen, die langfristig wirksam sind.  
Empfehlung der Antragskommission:
Konsensliste
Änderungsanträge
Status Kürzel Zeile AntragstellerInnen Text PDF
Annahme ÄA1 zum S-02 3 AG Selbst Aktiv Sachsen Zeile 3 nach dem Wort "Einkommensarmut" ist folgendes einzufügen: "...und behinderungs- und krankheitsbedingte Armut bzw. Armutsrisiken benennen...." Änderungsantrag (PDF)
Beschluss: des Landesparteirats der SPD Sachsen 30. November 2018
Text des Beschlusses:

Die SPD-Landtagsfraktion wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass der Freistaat Sachsen aller zwei Jahre einen Armutsbericht veröffentlicht. Dieser Bericht soll Zahlen zur Armutsentwicklung, nicht nur Einkommensarmut und behinderungs- und krankheitsbedingte Armut bzw. Armutsrisiken benennen, zu politischen und gesellschaftlichen Teilhabechancen veröffentlichen, Maßnahmen zur Armutsbekämpfung vorschlagen und die Wirksamkeit dieser Maßnahmen prüfen.

Beschluss-PDF: