LA-01 Mehr Respekt in Sachsen. Chancengleichheit für alle.

Status:
Annahme

Wir brauchen mehr Anerkennung und mehr Respekt für alle Sächsinnen und Sachsen. Die Mehrheit im Land gibt an, mit ihrer wirtschaftlichen Situation zufrieden zu sein. Trotzdem spüren sehr viele bestehende Ungerechtigkeiten. Viele machen sich Sorgen um die Zukunft. Zu viele arbeiten weiterhin prekär und für niedrigen Lohn. Sie empfinden zu wenig Anerkennung für ihre Leistung. Sie machen sich Sorgen, dass ihre Rente nicht zum Leben reichen oder ihr Lebensstandard erheblich sinken wird.

 

Mangelnde Anerkennung hat nicht allein mit dem Einkommen zu tun. Die Kürzungen öffentlicher Leistungen in den letzten Jahren haben das Vertrauen vieler in Sachsen beschädigt. Altenpflegerinnen und Altenpfleger werden zu schlecht bezahlt, ihnen fehlen vor allem Kollegen oder Kolleginnen, damit ihre Arbeit vernünftig getan werden kann und die Menschen die Pflege bekommen, die sie benötigen. Polizistinnen und Polizisten müssen aufgrund des Personalabbaus vor Alltagskriminalität wie Fahrraddiebstählen kapitulieren. Lehrerinnen und Lehrer bekommen immer mehr Aufgaben, aber keinen zeitlichen Ausgleich dafür. Manche Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger bekommen aufgrund des Fachkräftebedarfs mehr Geld als jemand, der lange im Betrieb gearbeitet hat. Viele haben das Gefühl, dass ihre Lebensleistungen nicht anerkannt werden. Dass sie im Vergleich schlechter gestellt sind als andere. Es geht um Würde und Respekt.

 

 

Solche Ungerechtigkeiten sind in Sachsen zunehmend unterschiedlich verteilt. Und leider nimmt die Ungleichheit in Sachsen weiter zu: zwischen Städten und Dörfern sowie zwischen armen und reichen Stadtteilen in den Großstädten. Soll es aber gerecht zugehen in Sachsen, dann müssen die Menschen erfahren, dass Leistung mehr zählt als Herkunft. Sie müssen darauf vertrauen können, dass die Perspektive ihrer Kinder nicht vom Portemonnaie, den „Beziehungen“ ihrer Eltern, dem Wohnort oder ihrem Geschlecht abhängt. Wir brauchen eine Politik für mehr Chancengleichheit in unserem Land.

 

Eine solche Politik bedeutet nicht, dass alle „aufsteigen“ müssen. Zu oft bleiben bei allen Diskussionen über gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aufstieg diejenigen unberücksichtigt, die die Leiter gar nicht hinaufsteigen wollen. Manche sind zufrieden mit dem, wer sie sind und was sie haben. Gesundheit, Familie und Partnerschaft sind vielen wichtiger als die Karriereleiter. Viele wollen in ihrem Leben gar nicht viel ändern.

Wir wollen eine Gesellschaft, in der Anerkennung nicht davon abhängt, ob jemand beruflich aufsteigen will. Wir brauchen ein gesellschaftliches Klima, das jede Art von Engagement würdigt und verhindert, dass diejenigen die mit ihrer Situation zufrieden sind, fürchten müssen, materiell oder kulturell abzustürzen. Mehr Chancengleichheit heißt:

Wir brauchen jede und jeden und lassen niemanden zurück. Jeder und jede soll die Chance haben, aus dem eigenen Leben etwas zu machen.

 

Wir stehen erneut vor einer Zeitenwende.

 

Der demografische Wandel in Unternehmen und Einrichtungen und der damit verbundene Fachkräftebedarf bis 2030 werden zum Stresstest für Sachsen. Laut Prognosen gehen bis 2030 ungefähr 600.000 Arbeitskräfte in Rente, aber nur 300.000 junge Menschen werden dem Arbeitsmarkt neu zur Verfügung stehen. Davon sind alle Bereiche des staatlichen Handelns betroffen: Bildung und Verwaltung, Polizei und Justiz. Nicht minder hart wird es große und vor allem kleine Unternehmen und Handwerkerinnen und Handwerker treffen. Der ländliche Raum wird stärker betroffen sein als die großen Städte. Gute Fachkräfte auszubilden und in Sachsen zu halten, ist eine zentrale Zukunftsfrage für Sachsen.

 

Die Aufbaugeneration Ost aus der Zeit nach 1990 geht in Rente – sowohl die Unternehmerinnen und Unternehmer als auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Viele aus dieser Generation haben während ihres Arbeitslebens keine höheren Löhne und Rechte eingefordert. Sie haben Überstunden gemacht oder in Teilzeit gearbeitet, um ihren Job und das eigene Unternehmen vor Ort nicht zu gefährden. Viele dieser fleißigen Menschen sehen sich mit der Perspektive Altersarmut konfrontiert. Heute hat sich die Perspektive der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewandelt. Sie werden zurecht zunehmend selbstbewusster: Die Arbeitslosigkeit ist auf dem tiefsten Stand seit 1990. Der absehbare Fachkräftebedarf hat für Unternehmen und Verwaltungen bereits Auswirkungen. Junge Arbeitskräfte oder auch Rückkehrwillige aus dem Westen wissen, was ihre Arbeit Wert ist und fordern selbstbewusst mehr ein als ihre Vorgängerinnen und Vorgänger. Dennoch verdienen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und auch Auszubildende in Ost und West bisweilen sehr unterschiedlich viel Geld.

 

Die Digitalisierung verändert grundlegend unsere Wirtschaft, unser Leben und die Art und Weise, wie wir arbeiten. Sie stellt uns vor viele Herausforderungen, aber auch vor viele Chancen für das Land und für die Menschen. Und sie führt zu völlig neuen Anforderungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wenn wir es richtig anpacken, hilft die Digitalisierung, neue, gut bezahlte und humane Arbeitsplätze zu schaffen und uns neue Wege für bessere Bildung zu eröffnen. Voraussetzung dafür, insbesondere für den ländlichen Raum, ist ein flächendeckendes Breitbandnetz. Technologischer Wandel bedeutet aber auch das Risiko, arbeitslos oder wirtschaftlich abgehängt zu werden. Das müssen wir verhindern.

 

Schließlich müssen mehr als 25 Jahre nach der Deutschen Einheit endlich die negativen Folgen und Versäumnisse der Nachwendezeit überwunden werden. Wenn Eltern oder Großeltern in den massiven Umbrüchen dieser Zeit aus Unglück, Pech oder Zufall ihren Job und einige auch ihre Lebensenergie verloren haben, dann müssen wir ihnen nicht nur helfen und ihrem Lebenslauf die Würdigung verschaffen, den er verdient. Wir müssen auch darauf achten, dass sich die tiefe Frustration, die einige Menschen seitdem in sich tragen, nicht auf ihre Kinder überträgt. Diesen Teufelskreis wollen wir durchbrechen.

 

 

 

1. Politik für gute Löhne, Mitbestimmung und sichere Arbeitsplätze

 

Wir brauchen ein neues Denken und Handeln über Arbeit in Sachsen.

Für viele Menschen in Sachsen bedeuten ein sicherer Job und ein Einkommen, mit dem man über die Runden kommt oder sich einen bescheidenen Wohlstand für die Familie leisten kann, soziale Sicherheit. Arbeitsbedingungen zu verbessern, zum Beispiel im Hinblick auf Vereinbarkeit mit Familienleben und mit ehrenamtlichem Engagement, gute Arbeit zu sichern und neue, tarifgebundene Arbeitsplätze zu schaffen, sind zentrale Ziele der Politik der SPD in Sachsen. Die SPD Sachsen steht für gute Löhne, Mitbestimmung, Betriebsräte, Gewerkschaften und Sozialpartnerschaften.

 

Bis vor kurzem hat die sächsische CDU Front gegen Tarifverträge und Stimmung für Billiglöhne gemacht. Seit die SPD in der Koalition mitregiert, ist die Zeit der staatlichen Niedriglohnstrategie beendet. Auch viele Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber erkennen heute an, dass eine Zusammenarbeit zwischen Arbeiternehmervertretungen auf Augenhöhe dabei hilft, das Unternehmen zu sichern und Innovationen zu fördern. Die Unternehmen, Kommunen und Handwerksbetriebe, die das erkannt haben, kümmern sich darum, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zufrieden sind und wertschätzen sie deutlicher als früher – weil sie wissen, dass davon auch ihre Zukunft abhängt. Bei manchen Unternehmen und Unternehmensverbänden besteht hier aber auch noch Nachholbedarf. Wer wirtschaftlich langfristig überleben will, muss seinen Angestellten viel Wertschätzung ihrer Arbeit entgegenbringen und fair beteiligen. Davon gilt es sie zu überzeugen.

 

Wir befördern eine gesellschaftliche Debatte darüber, dass mehr Tarifverträge unserem Land nützen und nicht schaden. Wir wollen flächendeckend Tarifverträge mit guten Löhnen und guten Arbeitsbedingungen in Sachsen. Denn in Sachsen wird immer noch zu schlecht bezahlt im Vergleich zu den westlichen Bundesländern.

 

Deshalb stärken wir die Tarifpartner. Dazu gehört eine starke Sozialpartnerschaft, zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, die sich dieser Verantwortung bewusst sind. Sie organisieren den notwendigen Interessensausgleich. Für ihre Anliegen sollen den Gewerkschaften an Oberschulen, Gymnasien, Berufsbildungseinrichtungen und Hochschulen informieren können. Um Tariflöhne zu stärken, haben wir in einem ersten Schritt die Investitionsförderung so angepasst, dass Betriebe mit Tarifbindung einen Bonus erhalten. Wir wollen ein modernes Vergabegesetz für Sachsen. Wir wollen darin die Tarifgebundenheit und soziale sowie ökologische Mindeststandards verankern. Wer einen aus Steuermitteln finanzierten Auftrag bekommt, soll einen tarifgemäßen Lohn anbieten. Der Staat darf nicht als Lohndrücker auftreten. Bei der Vergabe von Aufträgen ist auf die Beschäftigungspflicht von Menschen mit Beeinträchtigungen gemäß SGB IX zu achten. Auch mit dem neuen sächsischen Gleichstellungsgesetz werden wir bessere Arbeitsbedingungen, Vereinbarkeit und Chancengleichheit von Frauen und Männern sowie dem wirksamen Schutz vor Diskriminierung in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst voranbringen.

 

Wenn betriebliche Interessensvertreter eher als Feind denn als Unterstützer behandelt werden, werden wir gesetzgeberisch tätig. Die systematische Behinderung von Wahlen der betrieblichen Interessensvertretungen und deren Arbeit ist eine Straftat und demokratiefeindlich. Sie muss als Offizialdelikt konsequent verfolgt werden. Durch die Bildung von entsprechenden Schwerpunktstaatsanwaltschaften wird die Wirksamkeit der Strafverfolgung erhöht – auch für sonstige Verstöße gegen das Arbeitsrecht. Hier wollen wir eine Bundesratsinitiative aus Sachsen starten.

 

Als besonderen Schwerpunkt werden wir uns zudem dafür einsetzen, dass die sozialen Berufe aufgewertet und die Beschäftigten dieses Sektors besser bezahlt werden: In vielen Bereichen der Sozialwirtschaft werden Fachkräfte händeringend gesucht, wie beispielsweise in der Pflege und in Kitas. Zwar wird in Sachsen über Bedarf ausgebildet, allerdings wandern viele Pflegekräfte in westdeutsche Bundesländer ab. Eine Ursache sind niedrigere Löhne, die in Sachsen in der Pflege gezahlt werden. Wir setzen uns deshalb nicht nur auf Bundesebene für eine Angleichung der Löhne an das Westniveau ein, sondern starten darüber hinaus eine Landesinitiative „Gute Arbeit im Sozialbereich“. Wir machen uns stark für einen Tarifvertrag Sozialwesen mit langfristigen Perspektiven und einer adäquaten Bezahlung für die Beschäftigten. Zudem werden wir dafür Sorge tragen, dass sich bei staatlicher Förderung die bereitgestellten Mittel am Tariflohn orientieren. Die Sozialwirtschaft in Sachsen beschäftigt weit über 100.000 Menschen. Da die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege ein wichtiger Partner zum Erhalt der sozialen Gerechtigkeit sind, muss deren Finanzierung durch die Spitzenverbandsförderung der Freien Wohlfahrtspflege dauerhaft sichergestellt und gesetzlich verankert werden.

Der Staat als Arbeitgeber

 

Der öffentliche Dienst muss wieder Vorreiter für „Gute Arbeit“ werden – schon allein deshalb, weil er sonst in Zukunft nicht mehr genügend gute Bewerberinnen und Bewerber bekommen wird. Zugleich kann es nicht sein, dass mit Steuermitteln prekäre Jobs geschaffen werden. Um Menschen zu binden, müssen wir ihnen eine verlässliche Perspektive im Job geben. Dies gilt auch beim Berufseinstieg in den öffentlichen Dienst. Befristungen ohne Sachgrund, Zwangsteilzeit und die Beschäftigung von Zeitarbeit sowie Beschäftigungsverhältnisse ohne tarifvertragliche Bindung des öffentlichen Dienstes (TVÖD, TV-L) müssen bei öffentlichen Arbeitgebern, wozu auch Mehrheitsbeteiligungen gehören, endlich der Vergangenheit angehören.

 

Die Novellierung des Sächsischen Personalvertretungsgesetzes zu einem zeitgemäßen und praktikablen Gesetz war ein erster Schritt und hat Verbesserungen und erweiterte Mitbestimmungsrechte gebracht. Auch die Hochschulen als oftmals größte Arbeitgeber vor Ort haben eine Verantwortung als öffentliche Arbeitgeber. Gut ausgebildete junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die die Wissenschaft zum Beruf machen wollen, sollen eine Perspektive auf einen dauerhaften Arbeitsplatz an der Hochschule oder einer Wissenschaftseinrichtung haben. Neben der Professur muss es auch unbefristete Stellen im Mittelbau geben. Zudem bedarf es verlässlicher Regeln für den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Promotionsphase und in Drittmittelprojekten. Mit dem „Kodex für gute Arbeit an Hochschulen“ haben wir den ersten Baustein gelegt. Wir werden die verbindliche Umsetzung an allen Hochschulen begleiten und dort wo notwendig nachsteuern, so auch durch eine Erneuerung des Hochschulgesetzes.

 

Gleiche Chancen für Frauen und Männer sind sowohl im Hochschulbereich als auch allgemein im Öffentlichen Dienst trotz Gleichstellungsplänen und Gleichstellungsbeauftragten noch immer keine Selbstläufer.

Wir stehen zu einer konsequenten Frauenförderung durch Quoten, mehr Transparenz und Mitbestimmung und gezielten Fördermaßnahmen der Personalentwicklung, zum Beispiel Mentoring Programme und Weiterbildungen für weiblichen Nachwuchs. Erfolgreiche Gleichstellung und Frauen in Führungspositionen sollte ein relevantes Kriterium der Stellenbesetzung sein. Das Ziel bleibt die Parität.

 

 

  1. Mehr Chancengleichheit an den Schulen

 

Bildung ist ein zentrales Instrument für mehr Chancengleichheit. Wir haben das sächsische Bildungssystem durchlässiger gemacht. An den Oberschulen muss nicht mehr zwingend zwischen dem Hauptschul- und Realschulbildungsgang differenziert werden. Wir haben das Elternrecht bei der Bildungsempfehlung gestärkt. Das Halbjahreszeugnis in der vierten Klasse entscheidet nicht mehr allein über die schulische Zukunft eines Kindes, also darüber, ob es die Oberschule oder das Gymnasium besucht. Auch den Übergang von der Oberschule ans Gymnasium in den folgenden Schuljahren haben wir geebnet. So ist ein Wechsel nach jedem Schuljahr möglich, jedoch müssen dafür an den Oberschulen die Voraussetzungen, wie der Unterricht in einer zweiten Fremdsprache, geschaffen werden. Oberschulen können nunmehr ergänzende Inhalte zur Erleichterung des Übergangs an ein Gymnasium anbieten.

 

Wir haben die Oberschule mit dem neuen Schulgesetz und dem Lehrer-Paket in den Fokus gerückt. Seit diesem Jahr werden Lehrkräfte an Oberschulen von Beginn ihrer Tätigkeit an in dieselbe Entgeltgruppe wie am Gymnasium eingruppiert – künftig soll das auch für Grundschullehrerinnen und -lehrer gelten. Deshalb machen wir uns für einen sächsischen Lehrertarifvertrag stark und unterstützen Gewerkschaften und Lehrerverbände bei ihrer Forderung nach einem besseren Lohn für Grundschullehrkräfte. Zusätzlich muss auch die Vergütung langjährig tätiger Seiteneinsteiger erhöht werden, die seit Jahrzehnten trotz gleicher Tätigkeit mehrere Gehaltsstufen unterhalb ihrer Lehrerkollegen stehen.

 

Wir halten an dem Ziel einer Gemeinschaftsschule als Schule längeren gemeinsamen Lernens fest. Wir haben uns dabei schon immer dafür eingesetzt, den Schulen die Möglichkeit längeren gemeinsamen Lernens zu eröffnen, ohne sie dazu zu verpflichten. Diesen Weg des „optionalen Modells“, wie es inzwischen eine Reihe von Bundesländern kennt, werden wir weiterverfolgen. Das kann zum sächsischen Schulfrieden beitragen. 75 Prozent der Bevölkerung wollen eine Volksabstimmung zu diesem Thema. Wir werden deshalb einen Volksantrag zum „optionalen Modell“ der Gemeinschaftsschule aktiv unterstützen. Dabei denken wir auch und vor allem an den ländlichen Raum: Durch den Ausbau zu inklusiven Ganztagsschulen, mit der Integration von Horten in die Schulen, durch jahrgangsübergreifenden Unterricht und längeres gemeinsames Lernen können auch bei einem Bevölkerungsrückgang Schulen erhalten und sogar neue Schulen eröffnet werden.

 

In der Schule werden die Weichen für den späteren Lebensweg gestellt – oft aber leider auch verstellt. Wir brauchen Schulen, die Diskriminierung und Vorurteilen vorbeugen. Deshalb sollten Unterricht und Engagement an Schulen geschlechtergerecht und antirassistisch geprägt sein. Demokratisches, soziales und ökologisches Engagement wollen wir anregen und fördern. Dazu gehört auch, dass zukünftig mehr Europa sowie die Chancen und Möglichkeiten, die die Europäische Union bietet, mehr Raum im Unterricht einnehmen. Nur wenn wir es schaffen, bereits in den Schulen für die Europäische Idee zu begeistern, können wir dem Voranschreiten europaskeptischer Tendenzen und nationaler Egoismen entgegentreten. Das heißt auch, dass Lehrkräfte nach ihrer Ausbildung dazu fähig sein sollten, ihre eigenen Stereotype und Zuschreibungen kritisch zu hinterfragen und die Schülerinnen und Schüler dazu anzuleiten. Chancengleichheit an Schulen bedeutet auch, dass Entscheidungen demokratisch und unter Beteiligung möglichst aller getroffen werden und dass Schülerinnen und Schüler mehr Mitspracherecht erhalten. Eine demokratische Schulkultur mit z.B. Klassenleiterstunden, Peer-Education und einer gemeinschaftlichen Gestaltung des Unterrichts und Schulalltags, trägt dazu bei. Demokratische und politische Bildung und das Erlernen von sozialen Kompetenzen wirken von der Schule in die Gesellschaft hinein und müssen in Sachsen viel stärker gefördert werden.

 

Maßnahmen besser zusammenführen 

 

Voraussetzung für eine gezielte Politik der Chancengleichheit sind Daten zu Schulnetz, sozialen Verhältnissen und Jugendhilfe. Wir brauchen eine verbindliche „integrierte Sozialraumplanung“. In dieser werden Bildungs- und Sozialraumdaten zusammengeführt, um bspw. die Wirkungen von sozialer Spaltung, dem Status der Eltern und der lokalen Infrastruktur aufzuzeigen.

 

Wir müssen überall die Zusammenarbeit von Beratungsstrukturen, Jugendhilfe und Bildungsinstitutionen sowie ehrenamtlichen Unterstützungsstrukturen stärken und ermöglichen. Die Zusammenarbeit dieser sogenannten „Rechtskreise“ ist bislang nur eingeschränkt möglich. Hürden beim Datenaustausch wollen wir abbauen, damit verschiedene Institutionen einfacher miteinander kommunizieren und so Kindern und Jugendlichen besser helfen können.

 

Unterstützungsstrukturen benötigen Vertrauen und einen langen Atem. Weil die meisten Strukturen aus kurzfristigen Projekten bestehen, deren Finanzierung nach kurzer Zeit wieder in Frage gestellt wird, kann kein Vertrauen wachsen. Daher werden wir auch die Schulsozialarbeit langfristig sichern, um vor Ort unbefristete Stellen zu schaffen. Wir brauchen dauerhafte, auskömmliche Strukturen.

 

Neue Bildungsoffensive Sachsen 

 

Vieles vom Erbe von Tillichs Personalstreichungskonzept von 2011 haben wir repariert. Aber seine fatalen Folgen für die Lehrerversorgung in Sachsen wirken sich auch negativ auf die Chancengleichheit in Sachsen aus. Es ist richtig, dass wir dafür sorgen müssen, dass überhaupt genug Lehrerinnen und Lehrer vor den Klassen stehen. Gleichzeitig brauchen wir aber eine neue Bildungsoffensive in Sachsen: Wir wollen einen umfassenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung – nicht nur in der Krippe oder im Kindergarten, sondern auch in der Grundschule.

 

Wir wollen prüfen, ob dauerhaft das Nebeneinander von Ganztagsangeboten in den Grundschulen und Schulhorten organisatorisch und pädagogisch sinnvoll ist. Wir wollen ein Konzept entwickeln, den Hort in die Grundschule zu integrieren. Damit könnten auch Grundschulen, die das wollen, zu tatsächlichen Ganztagsgrundschulen entwickelt werden. Die Forderung der Bundes-SPD nach einem Rechtsanspruch auf Ganztag in der Grundschulzeit unterstützen wir. Wie ein sächsisches Modell einer inklusiven Ganztagsschule aussehen kann, werden wir am Runden Tisch „Ganztagsschule“ besprechen. Dabei soll die bislang getrennte Schulträgerschaft auf den Prüfstand gestellt werden.

 

Über diesen übergreifenden Rahmen hinaus müssen wir eine Reihe einzelner Maßnahmen in den Blick nehmen:

Wir haben ein Landesprogramm Schulsozialarbeit für alle Schularten auf den Weg gebracht, an jeder Oberschule in öffentlicher Trägerschaft wird es einen Schulsozialarbeiter geben. Zur Berufsorientierung an Oberschulen finanziert der Freistaat einen Praxisberater, wenn die ESF-Förderung ausläuft.

 

Im Kontext der Debatte um die getrennte Schulträgerschaft wollen wir auch die verschiedenen Finanzierungs- und Rechtskreise für Lehrerinnen und Lehrer, Praxisberater, Schulsozialarbeiter, Inklusionsassistenten, Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter, Erzieherinnen und Erzieher und andere aufgreifen. Uns muss es gelingen, dass verschiedene Professionen in einem Team an der Schule gemeinsam arbeiten und für das Kind als kontinuierliche Bezugspersonen zur Verfügung stehen. Dafür brauchen wir auch einen kulturellen Wandel an den Schulen. Jeder im Team muss „Talentscout“ sein, um Potenziale zu entdecken und zu fördern oder Schülern mit Problemen gemeinsam mit anderen zu helfen. Deshalb ist es auch geboten, die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern und Erzieherinnen und Erziehern in den Blick zu nehmen. Wir haben bewusst den Bildungs- und Erziehungsauftrag breit im Schulgesetz ausformuliert.

 

Davon ausgehend muss die Lehrerbildung modernisiert werden. Dies soll mit einem Lehrerbildungsgesetz geschehen. Die Schulleitungen müssen die pädagogische Leitung, Planung und Koordination an den Schulen für diese neuen Aufgaben und die neuen Teams übernehmen. Dazu müssen sie von Verwaltungsaufgaben entlastet werden. Sie brauchen Qualifizierung. Und um die eigenverantwortliche Schule gestalten zu können, erhalten die Schulen ein Sachkostenbudget, um Strukturen der Chancengleichheit zu unterstützen.

 

Wir wollen die Vorteile lokaler Netzwerke in der direkten Umgebung der Einrichtungen besser nutzen: Neben den Hilfen zur Erziehung eröffnen außerschulische Angebote der Kinder- und Jugendarbeit einen frühen Zugang zu Kindern und Jugendlichen mit unterschiedlichem familiären Umfeld.

 

Wir müssen Schulen nicht mehr wie im Jahre 1960 bauen. „Ein Raum zu viel“ ist kein Skandal beim Rechnungshof, sondern eine Chance für Lehrerinnen, Sozialarbeiter und Kinder in den Einrichtungen. Nicht umsonst gilt der Raum als „Dritter Pädagoge“. Wir müssen Schulhausbau neu denken.

 

  1. Chancengleichheit für alle Jugendlichen

 

Berufliche und akademische Bildung sind gleichwertig.

Ein Facharbeiter- und ein Hochschulabschluss verdienen gleichen Respekt und die gleiche Anerkennung.

Bisher schaffen es Kinder aus einkommensschwachen Familien seltener ein Gymnasium und später eine Hochschule zu besuchen als Kinder aus einkommensstarken Familien. Wir wollen deshalb jedem alle Möglichkeiten für einen sozialen Aufstieg, wie z.B. Nachholung von Bildungsabschlüssen, Meisterprüfungen etc. unabhängig von seinem Geldbeutel zugänglich machen. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten erneuern damit unser Aufstiegsversprechen. Jugendliche sollten nicht unter ihren Möglichkeiten oder gar ohne Schul- und Ausbildungsabschluss bleiben. Talent und Leistungsbereitschaft müssen über einen Aufstieg entscheiden, nicht die soziale Herkunft oder der Geldbeutel.

 

Für die Sozialdemokratie ist klar, dass das Bafög das wichtigste Instrument für mehr Chancengleichheit in der Bildung ist. Es muss sich zukünftig aber mehr an der Lebenswirklichkeit junger Menschen orientieren und flexibler werden. Ein später Studienbeginn oder das Teilzeitstudium dürfen keine Ausschlusskriterien beim Bafög mehr sein. Das Schüler-Bafög für die allgemeinbildenden Schulen und in den nicht-dualen Ausbildungen muss ausgebaut werden. Letztendlich wollen wir die Aus- und Weiterbildungsfinanzierung unter ein gemeinsames Dach ‚Bafög Plus‘ stellen. Dazu gehört auch, die Fördersätze regelmäßig zu prüfen und je nach Bedarf zu erhöhen.

 

Berufliche und akademische Bildung wollen wir zudem noch durchlässiger gestalten. Dabei kann beides durch das kooperative bzw. das duale Studium, bei dem sich ähnlich wie bei der dualen Ausbildung Praxis und Theorie abwechseln, stärker verzahnt werden. Künftig soll eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung als Zugangsvoraussetzung für ein Hochschulstudium im entsprechenden Berufsfeld stärker anerkannt werden. Bestehende Hürden für beruflich Qualifizierte beim Hochschulzugang wollen wir weiter abbauen und den Zugang für Master-Studiengänge öffnen. Aber auch die Angebote der höheren Berufsbildung sollen ausgebaut werden, um auf beiden Bildungswegen regulär einen Masterabschluss erreichen zu können.

 

Lehrerinnen und Lehrer müssen sensibler dafür sein, dass sie nicht aufgrund feiner kultureller Unterschiede eher Mittelschichtskinder als Kinder aus ökonomisch schwachen Verhältnissen fördern. Dies muss Thema in der Ausbildung künftig Lehrender werden.

 

Studium und Ausbildung sind gleich viel wert: Deswegen darf es auch in der Ausbildung keine Gebühren geben. Ähnlich wie in der Pflegeausbildung muss das auch für zukünftige Erzieher oder Physiotherapeutinnen gelten. Wir lassen uns vom Grundsatz leiten, dass es Gebührenfreiheit von der Kita bis zum Master oder Meisterbrief geben soll.

 

Wir verfolgen das Ziel: kein Abschluss ohne Anschluss. Wir setzen uns deshalb für eine Ausbildungsgarantie ein. Als zentrales Instrument wollen wir dafür Jugendberufsagenturen einrichten. Dazu sind erste Schritte getan. Kein Jugendlicher soll verloren gehen, sondern sich mit einem direkten Einstieg in Ausbildung oder Studium seine berufliche Zukunft sichern. Wir werden die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, um eine möglichst intensive Zusammenarbeit von Jobcenter, Agentur für Arbeit, Schule und Jugendhilfe zu erreichen. Wenn jemand die Ausbildung abbricht, soll ihm oder ihr sofort Unterstützung vermittelt werden können.

 

Die Berufsschulen sind entscheidend für die Qualität der dualen Ausbildung in Sachsen. Hier lernen die Fachkräfte von morgen, die wir so dringend brauchen. Deshalb müssen wir ein stabiles Berufsschulnetz auf den Weg bringen. Ziel ist es, dass sich Betrieb und Berufsschule in einer Region befinden, um die jungen Leute vor Ort zu halten. Unsere Berufsschulen werden wir auch auf das digitale Zeitalter vorbereiten und hier investieren. Um genügend Berufsschullehrerinnen und Berufsschullehrer zu gewinnen, sollen Kooperationsprojekte zwischen Fachhochschulen in der jeweiligen Region und der TU Dresden intensiviert werden.

 

Duale Ausbildung besser und attraktiver machen

 

Dass der Staat eingreifen muss, wenn der Markt versagt, hat man spätestens in der Debatte zum Mindestlohn bemerkt – und der Mindestlohn ist ein großer Erfolg. In manchen Branchen ist der Mangel an Auszubildenden auch durch schlechte Vergütung, Arbeitsbedingungen und Ausbildungsqualität mitverursacht. Nach 27 Jahren muss Schluss damit sein, dass in Ostdeutschland weniger Auszubildendenvergütung bezahlt wird als in Westdeutschland. Deshalb fordern wir einen „Mindestlohn für Lehrlinge“ – die bundesweite Einführung einer Mindest-Auszubildendenvergütung. Wir brauchen gemeinsam mit den Sozialpartnern eine Qualitätsoffensive für betriebliche Ausbildung.

 

Zudem sollen auch Auszubildende die Möglichkeit eines Auslandsaufenthalts haben: Im Handwerk sind die Wanderjahre eine Jahrhunderte alte Tradition. Im Ausland und auf Wanderschaft können junge Menschen neben den beruflichen Fähigkeiten viel über das Leben lernen. Heute gehen kaum Auszubildende ins Ausland. Es ist die Aufgabe der Sozialpartner, stärker bei Auszubildenden und Betrieben für Auslandspraktika und Auslandsaufenthalte in der beruflichen Bildung zu werben. Wir unterstützen diese Initiative durch Auslandsstipendien und machen uns für die Fortsetzung des Programms „Mobilitätsberater“ beim Bund sowie eine bessere Umsetzung von „Erasmus+“ für die berufliche Bildung bei der EU stark.

Um einen Schwerpunkt nochmals aufzugreifen: Wer einen Pflegeberuf lernt, darf nicht in der Sackgasse landen. Wir begrüßen die Reform der Pflegeausbildung als einen ersten Schritt. Die Altenpflege wird aufgewertet. Es wird zudem die Möglichkeit geschaffen, ein Pflegestudium anzuschließen.

 

Chancengleichheit durch Beteiligung

 

Allen Jugendlichen die gleichen Chancen zu geben, bedeutet auch, dass sie aktiv teilhaben an politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen. Wir treten dafür ein, dass die sächsischen Kommunen Formate der Jugendbeteiligung aufbauen, und unterstützen sie bei dieser Aufgabe. Jugendgremien, wie z.B. Jugendparlamente, Kinder- und Jugendbeiräte wollen wir fördern, sodass junge Menschen schon früh Mitwirkung, Demokratieverständnis und gesellschaftliche Teilhabe erlernen und ausleben können.

 

  1. Niemanden zurücklassen

 

Bedingungen für gleiche Chancen verbessern

 

Wir müssen dafür sorgen, dass zwischen den Ballungszentren und dem ländlichen Raum die soziale Spaltung nicht weiter zunimmt. Wir müssen dafür sorgen, dass sich unsere Städte nicht weiter sozial spalten. Wir unterstützen die Bundes-SPD dabei, ein Aktionsprogramm für gleichwertige Lebensbedingungen in ganz Deutschland aufzulegen, das als zentrales Element ein gesamtdeutsches Fördersystem für strukturschwache Regionen enthält. Ostdeutsche nachholende Bedarfe sind dabei ebenso zu beachten wie die strukturschwacher Regionen. Die Infrastruktur muss so ausgebaut sein, dass alle Menschen überall auch Chancen wahrnehmen können.

 

Wir wollen eine stärkere soziale Vermischung in den Großstädten voranbringen. Sozialer Wohnungsbau und Bildungseinrichtungen müssen klug über alle Stadtviertel hinweg verteilt werden. Wohnen muss für jede und jeden bezahlbar sein. Dort wo erforderlich, muss auch eine effektive Mietpreisbremse dem Markt Grenzen setzen. Die Förderrichtlinie gebundener Mietwohnraum werden wir daher über das Jahr 2019 hinaus verlängern, ausbauen und verbessern. Dazu werden wir die Förderung so umgestalten, dass in jedem Fall Mieten im Bereich der KdU-Sätze erreicht werden können. Außerdem geben wir den Kommunen Möglichkeiten zur weiteren Ausgestaltung der Richtlinie mit Blick auf die Bindefristen und die Standards des geförderten Wohnraums.

 

Chancengleichheit am Beginn verbessern

 

Politik für mehr Chancengleichheit beginnt im frühen Kindesalter. Und sie beginnt vor allem bei einem der größten Skandale unserer Zeit: der Kinderarmut. Deshalb muss sich die SPD auf Bundesebene für eine Kindergrundsicherung einsetzen. Das werden wir mit aller Kraft unterstützen.

 

Chancengleichheit für Kinder beginnt in den Kindertageseinrichtungen und bei der Unterstützung der Familien. Frühe Bildungsförderung muss es für alle Kinder unabhängig von ihrer sozialen, kulturellen oder religiösen Herkunft und ihrer Lebenslage geben. Dazu muss Erzieherinnen und Erziehern mehr Zeit eingeräumt werden, damit sie unsere Kinder gezielt fördern können, ihnen Zuneigung schenken und ihre Entwicklung begleiten können. Wir haben bereits in dieser Wahlperiode begonnen, den Betreuungsschlüssel zu senken. Wir wollen als nächsten Schritt bezahlte Vor- und Nachbereitungszeiten in den Kindergärten verbindlich ausgestalten. Das verschafft den Erzieherinnen und Erziehern Luft für das wichtigste: mehr Zeit für unsere Kinder.

 

Darüber hinaus wollen aber alle Eltern etwas für ihre Kinder erreichen – nur brauchen manche mehr und andere weniger Unterstützung. Wir wollen die Einrichtung von Eltern-Kind-Zentren dort weiterentwickeln, wo besonders viel Bedarf an „Kümmerstrukturen“ besteht. Kindertagesstätten sollen nicht nur für die Kinder, sondern auch für deren Eltern eine Anlaufstelle sein. Geeignete Fachkräfte, wie Sozialarbeiterinnen können dort wichtige Bezugs- und Ansprechpartner sein. Sie können sowohl die Erzieher bei der Zusammenarbeit mit den Eltern begleiten als auch Netzwerke pflegen und gezielte Beratungs- und Informationsangebote in den Kitas etablieren.

 

Wir brauchen jede und jeden

 

Wir müssen jene Menschen, die aus welchen Gründen auch immer keinen Schulabschluss schaffen, aktiv unterstützen. Um Schulabbruch vorzubeugen, wollen wir Projekte der schulischen Jugendhilfe stärker unterstützen. Zudem wollen wir Möglichkeiten wie im Modell der assistierten Ausbildung ausbauen: Die dortige praxisorientierte Vorbereitungsphase und die Teilnahme am Förderunterricht ermöglichen es Jugendlichen, die Betriebe von ihren praktischen Fähigkeiten und ihrem Ausbildungswillen zu überzeugen, auch wenn sie bei ihrer Bewerbung nicht alle Anforderungen erfüllt haben.

 

Oftmals haben Jugendliche und junge Erwachsene zudem Fertigkeiten erworben, aber keine zertifizierte Ausbildung abgeschlossen. Wir wollen Fertigkeiten ohne Zertifikat in ein gemeinsames Zertifizierungssystem überführen, so dass Fertigkeiten und Lernfortschritte von „Spätstartern“ dokumentiert und eine Anrechnung bei einer späteren Ausbildung ermöglicht wird. Ein bewährtes Instrument ist die Einstiegsqualifizierung. Wir wollen mit den Landkreisen und kreisfreien Städten Bedingungen schaffen, damit wir jeden einzelnen Jugendlichen bis zum Beruf begleiten können, Bildungschancen für alle erhöhen und Abstiege verhindern. Auch hierfür sind die Jugendberufsagenturen das geeignete Instrument. Die Berufsbildungs- bzw. Berufsförderungswerke für Jugendliche und Erwachsene mit Beeinträchtigung sollen geöffnet werden. Denn eine inklusive Arbeitswelt ist die Voraussetzung für Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen am Arbeitsleben.

 

Ehrenamtliche Unterstützung für mehr Chancengleichheit stärken

 

Manche Schüler, gerade aus schwierigen Verhältnissen, haben wenige Vorbilder und Förderer. Diese Rolle können Lehrerinnen oder Sozialarbeiter übernehmen. In einigen Fällen sind aber auch ehrenamtliche Mentorinnen von Vorteil, da so andere Zugänge geöffnet werden bzw. bestehende Hemmnisse gegenüber Autoritätspersonen überwunden werden können. Wir müssen die Bürgergesellschaft für das Thema Chancengleichheit stärker aktivieren und sensibilisieren. Zuständige Stellen sollen deshalb stärker als bislang für solche ehrenamtlichen Mentoringprogramme werben. Außerdem brauchen wir mehr Qualifikations- und Fortbildungs-Maßnahmen für Ehrenamtliche in diesem Bereich.

 

Wir wollen ehrenamtliche Initiativen für Chancengleichheit stärker finanziell unterstützen und bürokratische Hürden bei der Beantragung dieser Gelder senken. Gleichzeitig müssen die zuständigen Stellen die Zusammenarbeit mit solchen ehrenamtlichen Strukturen verbessern und diese mehr wertschätzen. Es geht um eine bessere Informationspolitik sowie mehr Kommunikation durch Ämter und Verwaltung. Um diese Zusammenarbeit zu befördern, werden wir die Etablierung entsprechender Netzwerke auf Landkreisebene prüfen. Nur wer voneinander weiß, kann miteinander arbeiten. Diese regionalen Netzwerke können so Mentorinnen und Mentoren und Mentees besser zusammenbringen. Wir wollen ein Landesnetzwerk für ehrenamtliche Hilfen für Chancengleichheit unterstützen.

 

Inklusion

 

Menschen mit Beeinträchtigungen haben es nach wie vor schwerer, gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Dennoch konnte in den vergangenen Jahren schon einiges erreicht werden: Im neuen Schulgesetz haben wir viele Maßnahmen beschlossen, um die Inklusion voranzubringen. So können Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf an der Förderschule oder inklusiv an der Regelschule unterrichtet werden. Da Sachsen beim Förderschwerpunkt „Lernen“ bislang nur zu fünf Prozent inklusiv unterrichtet, wird mit unserem neuen Inklusionskonzept Bewegung in diesen Bereich kommen. Ziel muss dabei die inklusive Unterrichtung an Regelschulen sein, die zu anerkannten Schulabschlüssen führt. Wir fordern daher, dass in allen Schulformen ein enger Kontakt und Erfahrungsaustausch zwischen der Lehrerschaft und den Eltern geschaffen wird, um frühzeitig auf soziale und schulische Probleme reagieren zu können. Dadurch wird aktiv zur Senkung der Schulabbrecherquote beigetragen. Die Einführung der schulischen Inklusion wird bis 2022/23 gestreckt, um Lehrerschaft und Schulen nicht zu überfordern. Die neu zu bildenden Kooperationsverbünde werden die Zusammenarbeit zwischen Regel- und Förderschulen stärken sowie das bestehende Schulnetz stabilisieren.

 

Unsere Hochschulen und die Berufsakademie Sachsen erhalten zudem zusätzliche Mittel, um eine inklusive Hochschule auszugestalten und eigene Aktions- und Maßnahmenpläne zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zu verwirklichen. Auch haben wir den Auftrag der „Koordinierungsstelle zur Förderung der Chancengleichheit an sächsischen Hochschulen“ um das Themengebiet „Inklusion“ ergänzt. Soziale Gerechtigkeit darf nicht nur formal in „Diversity-Stabsstellen“ oder „Diversity-Büros“ geparkt, sondern muss als Querschnitts- und Leitungsaufgabe verstanden werden und so nachhaltig in Lehre und Forschung zu Veränderungen führen. Einen Beitrag leisten die hochschuldidaktischen Qualifizierungskurse.

 

Unser langfristiges Ziel ist ein Arbeitsmarkt für alle. In dem Bewusstsein, dass die derzeitigen Anforderungen des ersten Arbeitsmarktes nicht für alle zu bewältigen sind, wollen wir Maßnahmen der unterstützten Beschäftigung fördern. Einrichtungen mit Schutz- und Rehabilitationscharakter (z.B. Werkstätten für Menschen mit Beeinträchtigungen) sollen erhalten bleiben. Darüber hinaus benötigen wir mehr und unkomplizierte Lösungen für Menschen mit Beeinträchtigungen, die neue Wege gehen wollen. Die Arbeitsmarktlage ist noch nie so gut gewesen, wie jetzt. Leider konnten davon vor allem arbeitssuchende Menschen mit Behinderungen nicht profitieren. Die Einrichtung von behindertengerechten Arbeitsplätzen muss vom Antrag bis zur Bewilligung von Leistungen beschleunigt werden um Rechtssicherheit für Arbeitgeber zu schaffen und eine Hängepartie von Betroffenen zu vermeiden.

Menschen mit Behinderungen, die in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung arbeiten, sollen mehr Geld zur Verfügung haben. Eine regelmäßige angemessene Erhöhung der Entgelte für diese Menschen ist auch ein Zeichen der Wertschätzung ihrer Arbeit. Diese Entgelte müssen anrechnungsfrei gegenüber anderen Sozialleistungen gewährt werden.

Eine inklusive Arbeitswelt ist noch lange nicht erreicht. Es bedarf sehr viel Überzeugungsarbeit bei den Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Wir müssen die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern sowie die Gewerkschaften dafür gewinnen.

 

Die Nutzung von Kultur-, Kunst- oder Sportangeboten ist für alle Menschen eine Grundvoraussetzung für die uneingeschränkte Teilhabe an unserer Gesellschaft und stärkt deren Zusammenhalt. Deshalb werden wir in Sachsen dafür Sorge tragen, dass diese Einrichtungen von allen Menschen zugänglich, erreichbar und nutzbar zur Verfügung stehen.

 

Wir setzten uns für eine Evaluation des Wahlrechts ein um diskriminierende Wahlrechtsausschlüsse aufzuheben. Ferner wollen wir in einem neuen sächsischen Inklusionsgesetz neben der Teilhabe am kulturellen und gesellschaftlichen Leben auch die Teilhabe am politischen Leben umsetzen.

 

 

Chancen für Menschen mit Migrationshintergrund

 

Die meisten Menschen, die nach Deutschland kommen, sind nachweislich hochmotiviert und möchten so schnell wie möglich selbstständig leben. Doch diese hohe Motivation verliert dann schnell an Kraft, wenn Asylverfahren, Sprach- und Integrationskurse, Praktika, Ausbildungsorientierung und Ausbildung eine lange Kette bis hin zur endgültigen Arbeitsaufnahme darstellen.

 

Die Grundlagen haben wir in Sachsen gelegt: Mit Hilfe von Erstorientierungskursen erhalten Geflüchtete schon in der Erstaufnahmeeinrichtung den ersten Sprachunterricht und einen Wegweiser bei der Bewältigung des Alltags in Deutschland. Sobald Asylsuchende in einer sächsischen Kommune leben, können sie an Landessprachkursen teilnehmen, sofern sie keinen Zugang zu Integrationskursen des Bundes haben. Das ist deutschlandweit vorbildlich und damit konnte eine wichtige Lücke in der Sprachvermittlung geschlossen werden.

 

Mit dem ebenfalls bundesweit einzigartigen Förderprogramm „Integrative Maßnahmen“ wird die unschätzbar wichtige Arbeit von ehrenamtlichen Initiativen und Vereinen sowie die Integration in den Kommunen – also vor Ort – unterstützt. Gleichzeitig begleiten und beraten sogenannte Arbeitsmarktmentoren die Geflüchteten bei ihrer Suche nach einem Ausbildungs- oder Arbeitsplatz. Wir setzen uns dafür ein, dass die Qualifikationen und Kompetenzen der Menschen frühzeitig erfasst, geprüft und anerkannt werden. Außerdem schaffen wir ein System, das es zugewanderten Menschen auch nach dem 18. Lebensjahr und damit nach dem Ende der Schulpflicht ermöglicht, einen Schulabschluss nachzuholen. Integration ist nicht nur ein langer und wechselhafter Prozess für eine Gesellschaft, sondern stets auch für die einzelne Person selbst. Wir fordern von den zu uns kommenden Menschen, dass sie diesen Marathon angehen und erfolgreich zu Ende bringen; gleichzeitig erwarten wir von den dabei Beteiligten in Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft, dass dieser für einen Zugewanderten so intensive Prozess behutsam, offen und fördernd unterstützt wird.

 

Zu dieser Balance gehört auch, dass Menschen, die länger als zwei Jahre ohne Verfehlungen in Sachsen leben, nicht mehr abgeschoben werden sollten. Die meisten Menschen verstehen nicht, wenn Zugewanderte, die in kürzester Zeit Deutsch gelernt haben, gute Chancen auf Ausbildung oder Arbeit haben und wegen des Fachkräftemangels gebraucht werden, abgeschoben werden. Hierzu bedarf es der Möglichkeiten des Spurwechsels in ein Einwanderungsgesetz, für welches sich die SPD auf Bundesebene einsetzt. Dies unterstützen wir. Auch muss die durch sächsische Sozialdemokraten initiierte Möglichkeit der Ausbildungsduldung („3+2- Regelung“) viel stärker angewendet werden. Im Gegensatz zur Union wertschätzt die SPD die Familie und steht zum Familiennachzug.

 

5. Kleine und große Aufstiege im Berufsleben möglich machen

 

Die Geschichte hat gezeigt, dass neue Technologien zwar Arbeitsprozesse vereinfachen können, sie aber den Menschen zunächst mehr Qualifizierung abverlangen. Um mit Blick auf den großen Wandel der Arbeitswelt, der uns durch die Digitalisierung bevorsteht, den Anforderungen der modernen Arbeitswelt und einer demokratischen Gesellschaft gerecht zu werden, brauchen wir in Sachsen eine neue Kultur der Weiterbildung. Und wir brauchen vor allem endlich ein Recht auf Weiterbildung. Deshalb braucht Sachsen ein Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz mit einem verbindlichen Anspruch auf mindestens fünf bezahlte Weiterbildungstage im Jahr. Berufliche Umorientierungen, die es jedem Arbeitnehmer und jeder Arbeitnehmerin ermöglichen, bis zum Renteneintritt im Arbeitsprozess zu bleiben, gilt es gezielt zu fördern.

 

Gleichzeitig klingt das nicht für alle sofort attraktiv: Manche Menschen empfinden „lebenslanges Lernen“ eher als Bedrohung denn als Chance. Wir wollen daher auch Weiterbildung fördern, bei der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht „die Schulbank drücken“, sondern sich in ihrem Betrieb qualifizieren können. Jede und jeder muss die Chance bekommen, Schritt zu halten mit dieser neuen Zeit.

 

In einer gemeinsamen Anstrengung mit Bund, Kommunen und Bildungsträgern wollen wir den Zugang zu einer flächendeckenden Grundversorgung sichern, damit auch Erwachsene Schulabschlüsse in Vollzeit oder berufsbegleitend am Abend oder tagsüber neben familiären Verpflichtungen nachholen können. Wir brauchen eine auskömmliche finanzielle Ausstattung der Träger für Qualifikation und Weiterbildung auch im ländlichen Raum. Deswegen war es ein wichtiger Schritt, dass wir als SPD eine Million Euro mehr für Weiterbildung, insbesondere in der Erwachsenenbildung an unseren Volkshochschulen, zur Verfügung gestellt haben. Um das Engagement langfristig zu sichern sowie weiterhin Expertinnen und Experten in allen sächsischen Regionen zu gewinnen, sollen die Mittel für Erwachsenenbildung deutlich aufgestockt werden.

 

Wir wollen gemeinsam mit den Sozialpartnern eine praxisnahe, altersgerechte Öffnung der Ausbildung erreichen. Es sind neue Lernmethoden und bedarfsgerechte Förderangebote für ältere Auszubildende und ihre Ausbildungsbetriebe bereitzustellen. Zudem sind bestehende Instrumente der abschlussorientierten Qualifizierung Erwachsener zu schärfen und zielgerichtet weiterzuentwickeln. Hinzukommen muss jedoch insbesondere für ältere Auszubildende eine lebensstandardsichernde Bezuschussung.

 

Wir unterstützen die Einführung eines Chancenkontos für Erwerbstätige auf Bundesebene. Alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen ein solches Konto erhalten, das mit einem staatlichen Startguthaben ausgestattet ist. Es kann für die Finanzierung von Weiterbildung und Qualifizierung eingesetzt werden, die über reine Erhaltungsqualifikationen hinausgehen, denn dafür müssen die Unternehmen Verantwortung tragen. Man kann es zudem für Unternehmensgründungen und den Übergang in die Selbstständigkeit nutzen. Mit einem Chancenkonto könnte jeder Mensch mit Vollendung des 18. Lebensjahrs einen finanziellen Anspruch auf staatliche Leistungen für Bildung, Zeitsouveränität und andere gesellschaftliche Prioritäten erhalten. Klar muss sein: Das Chancenkonto ist ein zusätzliches Instrument, es darf nicht dazu dienen, bestehende Unterstützungsleistungen zu ersetzen.

 

Meister sind genauso wichtig wie Master. Auf Bundesebene haben wir die größte Reform des „Meister-Bafögs“ seit 2002 beschlossen. Außerdem haben wir auf Landesebene den Meisterbonus eingeführt. Für diese Chancen müssen wir mehr werben und aufklären, nicht zuletzt im Rahmen der Übergabe von Betrieben an Nachfolgerinnen und Nachfolger. Auch hier ist eine gezielte Unterstützung von Frauen sinnvoll, da sie nach wie vor deutlich in der Unterzahl in den Führungspositionen vertreten sind. Vorhandene Frauennetzwerke und Weiterbildungsangebote sind zu fördern und auszuweiten. Gute Beispiele empfehlen wir von Region zu Region in Zusammenarbeit mit Kammern und Zivilgesellschaft, z.B. Frauenorganisationen.

 

Wer den Weg in die Selbstständigkeit wagt, tut dass mit viel Hoffnung, Überzeugung und Begeisterung für seine Idee. Darin wollen wir die Unternehmerinnen und Unternehmer bestärken und ermutigen. Weil sie aber oft auch nicht gut abgesichert sind und gerade am Beginn wenig Einkommen haben, wollen wir alle Selbstständigen möglichst umfassend in die verschiedenen Zweige der gesetzlichen Sozialversicherung einbeziehen. Um den Weg in die Selbstständigkeit zu vereinfachen, wollen wir die Einführung eines Gründungszuschusses prüfen. Die frauenspezifische Förderung von Existenzgründungen im ländlichen Raum werden wir entsprechend der hohen Nachfrage ausweiten. Diese finanzielle Förderung sollte mit Netzwerk- und Weiterbildungsangeboten flankiert werden.

6. Abstiege verhindern

 

Chancengleichheit und Anerkennung beinhalteten oft auch, Abstiege und Sackgassen zu verhindern oder wenigstens zu dämpfen. Wir haben im Osten eine besonders hohe Frauenerwerbsquote. Und trotzdem landen auch in Sachsen viele Frauen in der „Teilzeitfalle“ – mit allen Folgen für die Chancengleichheit. Nicht zuletzt trifft dies aber Alleinerziehende – hier meist auch Frauen. Wir brauchen daher dringend die Einführung einer Familienarbeitszeit und das Rückkehrrecht von Teil- in Vollzeit. Nur so kann die Ungerechtigkeit angegangen werden, dass Frauen beim Lohn und bei der Besetzung von Führungspositionen zurückfallen. Für Sachsen werden wir Maßnahmen mit dem neuen Sächsischen Gleichstellungsgesetz beschließen.

 

Wir haben ein „Landesprogramm zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit“ über 13 Millionen Euro aufgesetzt. Die Botschaft ist: „Wir brauchen Euch!“ Wir verknüpfen hier Beschäftigungs- und Wiedereingliederungsangebote mit einer individuellen Betreuung. Das Landesprogramm gibt den Jobcentern die Möglichkeit, Berater mit mehr Zeit für die Langzeitarbeitslosen einzusetzen. Wir starten zudem ein Modellprojekt „Tandem“, in dem langzeitarbeitslose Eltern mit Kindern und Alleinerziehende unterstützt werden, die ebenfalls auf Hartz IV-Leistungen angewiesen sind. Die Teilnahme daran ist freiwillig. Arbeitslosigkeit ist insbesondere für viele Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen nach wie vor eine der zentralen Abstiegsängste. Der erhebliche Verlust von Einkommen, aber insbesondere auch die Prüfung von Vermögen und der nicht immer einfache Umgang mit der Agentur für Arbeit stellen eine große Belastung dar. Daher wollen wir die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I bei der Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen verlängern (ALG Q) und den Anspruch auf Arbeitslosengeld bereits nach zehn Monaten Beschäftigung innerhalb von zwei Jahren herstellen. Weiterhin werden wir die Sanktionspraxis im SGB II deutlich lockern, die schärferen Sanktionen für unter 25-Jährige abschaffen und das Schonvermögen im SGB II verdoppeln. Wir wollen „Kümmerstrukturen“ zur Selbsthilfe stärken, gerade in Stadtvierteln und Treffpunkten mit sozialen Problemen. Anerkennung bekommen Menschen von anderen Menschen, wenn sie sich untereinander kennen und gegenseitig helfen, wenn sie in Netzwerken sind, dort ihre Fähigkeiten einbringen. Chancengleichheit stärken wir, indem wir Beratungsstrukturen stärken, über Rechte und Angebote aufklären.

 

Unsere Politik für ein Sachsen von morgen

 

Die nächsten fünf Jahre werden darüber entscheiden, wie wir in Zukunft in Sachsen leben werden. Die in Sachsen lebenden Menschen haben gezeigt, dass sie sich durchkämpfen können. Gleichzeitig mussten sie erfahren, welche Auswirkungen große Umbruchprozesse haben können – im Guten wie im Schlechten. Hiervor haben wir sehr großen Respekt. Mit unserer Politik der Chancengleichheit werden wir sie dabei unterstützen künftige Umbrüche gut zu bewältigen.

 

Unser Anspruch ist, den technischen Fortschritt der Digitalisierung mit gesellschaftlichem und sozialem Fortschritt zu begleiten – für gute Bildung, für höhere Löhne und für Teilhabe aller.

 

Eine Politik für Chancengleichheit, die die Menschen anerkennt und jedem Respekt entgegenbringt, ist nicht nur gerecht, sie ist auch wirtschaftlich vernünftig. Angesichts des Fachkräftebedarfs und der demografischen Entwicklung können wir es uns gar nicht mehr leisten, so viele junge und ältere Leute, zurückzulassen. Wollen wir Sachsen weiter zur europäischen Innovationsschmiede ausbauen, brauchen wir alle. Soziale Ungleichheit gefährdet nicht nur den Zusammenhalt der Gesellschaft, sondern auch die Wirtschaftskraft Sachsens.

 

In der Politik sollen Taten den Worten entsprechen. Wir sagen was wir tun und tun was wir sagen.

 

In diesem Zuge müssen wir für eine Sprache kämpfen, die nicht diskriminiert. Die Höhe des Einkommens sagt nichts darüber aus, ob man „gebildet“ ist. „Sozial schwach“ sind die Menschen, die Steuern hinterziehen, sich unsolidarisch verhalten und nicht diejenigen, die jeden Tag trotz kleinem Einkommen ihre Familie am Laufen halten und ihren Kindern die Chance geben wollen, es zukünftig besser zu haben als sie selbst. Die Diskriminierung und Respektlosigkeit durch Sprache wollen wir thematisieren und herabwürdigender Rhetorik eine anerkennende und wertschätzende entgegensetzen.

 

Wir wollen den Menschen einladen ein modernes, wirtschaftlich starkes, vielfältiges und demokratisches Sachsen mitzugestalten. Wir brauchen ein gesellschaftliches Klima, das Junge und Alte, Frauen und Männer, in den Städten und den Dörfern dazu anregt, Chancen zu ergreifen und für ein zufriedenes Leben zu nutzen.

Beschluss: mit Änderungen einstimmig angenommen
Beschluss-PDF: