B-02 Chancengerechte Hochschulzulassung garantieren

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Der Landesparteitag möge beschließen und an den Bundesparteitag weiterleiten:

Der Zugang zur Hochschule bleibt leider immer noch vielen Menschen verwehrt. Dies liegt insbesondere daran, dass durch den fortwährenden Studienplatzmangel viele Studiengänge zulassungsbeschränkt sind. Der zentrale oder örtliche Numerus Clausus (NC), in Verbindung mit Auswahlgesprächen oder weiteren Eignungsprüfungen, stellt eine inakzeptable Barriere für Menschen mit Hochschulzugangsberechtigung dar. Zugleich fehlt es bis heute an transparenten Kriterien und einer inklusiven Öffnung der Hochschulen, die den Zugang für beruflich Qualifizierte ohne Abitur in ausreichendem Maße gewährleisten würden.

Um Chancengerechtigkeit herzustellen, fordern wir eine ausreichende Anzahl an Studienplätzen. Sachsen kann hier seinen Beitrag leisten, indem der künstliche Deckel von 95.000 Studierenden in der Hochschulentwicklungsplanung aufgehoben wird. So wird es möglich, weitere Studienplätze zu schaffen und Kapazitäten insbesondere im Bereich der Daseinsfürsorge bereit zu stellen.

Aber auch bei der Hochschulzulassung muss Chancengerechtigkeit hergestellt werden. Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird eine Neuordnung erforderlich. Hier gilt es, transparente und vergleichbare Kriterien gesetzlich zu definieren – am besten mit einem Bundes-Hochschulzulassungsgesetz oder wenigstens mit einem novellierten Staatsvertrag zur Hochschulzulassung. Da die Auswahlverfahren der Hochschulen zwischenzeitlich so verschieden sind, wie die unendliche Anzahl an Abschlussbezeichnungen für oft ein und denselben Studiengang, gilt es hier Verfahren zu normieren und für gleiche Standards zu sorgen. In Anbetracht der Tatsache, dass Auswahlgespräche oder Zulassungstests sozial selektiv wirken können, muss demnach weiterhin hilfsweise das über einen längeren Zeitraum erhobene Kriterium zur Anwendung kommen – die Abitur-Note.

Als weiteres Kriterium für die Hochschulzulassung sollte eine Ausbildung bzw. berufliche Erfahrung ausschlaggebend sein. Wartezeiten aus einer Pflegetätigkeit, einer Erziehungszeit oder einem Freiwilligendienst müssen auch künftig Berücksichtigung finden. Und: Wer sich dauerhaft ehrenamtlich engagiert, sollte einen Bonus erwerben.

Studierfähigkeitstests, insbesondere in ihrer bisherigen Form, lehnen wir ab. Sie finden einerseits nur einmal im Jahr statt, andererseits kosten sie Geld, womit erneut Menschen privilegiert werden, die sich diese zusätzlichen Tests leisten und womöglich Vorkurse gegen Entgelt besuchen können. Im Fall der Etablierung von Studierfähigkeitstests müssen diese unentgeltlich und barrierefrei zugänglich sein. Zudem sind sie bundesweit mit einem gleichen Anteil bei den Auswahlmaßstäben zu berücksichtigen. Und es muss eine Abgrenzung zur Hochschulreife erfolgen, da nicht ersichtlich ist, weshalb Menschen binnen weniger Monate zwei Mal eine Prüfung zum Hochschulzugang ablegen sollten.

Ebenso werden hochschulspezifische Auswahlgespräche abgelehnt. Neben Mechanismen zur sozialen Selektion kann derzeit nicht gewährleistet werden, dass es vergleichbare standardisierte Gespräche gibt. Diesem Auswahlkriterium ist demnach bei einem grundständigen Studium keine Bedeutung zuzumessen. Für die Zulassung zu einem Master- oder Graduiertenstudium – so zeigen Studien – kommen sie vielmehr in Betracht.

Auch künftig muss es Vorab-Quoten geben, um den Zugang zum Studium für Menschen mit Beeinträchtigungen, ausländischen Staatsangehörigen bzw. Staatenlosen oder Spitzensportler*innen und Menschen auf dem dritten Bildungsweg (Hochschulzulassung ohne Abitur)abzusichern sowie einen Zugang im Fall besonderer Härten oder des Zweitstudiums abzusichern.

Und damit Hochschulzulassung tatsächlich chancengerecht gelingt, bedarf es eines funktionierenden Online-Bewerbungsverfahrens an allen Hochschulen. Dieses sollte zentral gesteuert werden, damit gleiche Fristen, Regeln und Standards für die Bewerber*innen gelten und es so zu einem personen- und hochschulunabhängigen Auswahlverfahren kommen kann.

Begründung:
Aufgrund des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 19.12.2017 zum Zulassungsverfahren im Medizin-Studiengang besteht ein Nachbesserungsbedarf bis Ende 2019. Demnach werden gerade in den Wissenschaftsgremien entsprechende Reformvorschläge diskutiert, die nicht nur Auswirkungen auf die Zulassung zum Studium der Humanmedizin haben, sondern die Hochschulzulassung generell neu regeln werden. Zu diesen gilt es sich zu positionieren. Grundsätzlich muss beachtet werden, dass zum Wintersemester 2017/18 über 42% der Studiengänge mit einem lokalen Numerus Clausus (NC) zulassungsbeschränkt waren. Numerus clausus bezeichnet nicht – wie oft angenommen – eine bestimmte Abiturnote als Grenzwert, sondern gibt lediglich an, dass es eine beschränkte Anzahl an Studienplätzen gibt, welche unter dem Hauptkriterium der Note der Hochschulzugangsberechtigung - im Regelfall das Abitur – vergeben werden. Die „schlechteste“ Note, die noch aufgenommen wird, bildet dabei die Grenznote des NC. Neben der Abiturnote können, bei der lokalen Vergabe, von Ort zu Ort unterschiedliche weitere Kriterien hinzugezogen werden, wie z.B. eine besondere Gewichtung von Einzelnoten von Fächern bspw. Mathematik, Englisch oder Deutsch. Bei der Bewerbung für das Medizinstudium gibt es die Möglichkeit den Test für medizinische Studiengänge (TMS) oder auch den Hamburger Naturwissenschaftstest (HamNat) zu absolvieren, um den eigenen Abiturschnitt zu verbessern. Alles in allem gibt es eine sehr heterogene Landschaft bei den Auswahlkriterien und deren jeweiliger Gewichtung bei den hochschulspezifischen Vergabequoten. Dies hat auch das Bundesverfassungsgericht gerügt und die Definition der Auswahlkriterien durch den Gesetzgeber gefordert. Mit dem Antrag wird Position bezogen, dass das Abitur weiterhin als bestmögliche Auswahloption gesehen wird, wenngleich auch zukünftig an der Vergleichbarkeit der Abiturprüfungen zwischen den einzelnen Bundesländern gearbeitet werden muss. Mit einem zentralen Abitur sowie der Angleichung bei Einbringungspflichten und Kurswahl findet derzeit ein erster Annäherungsprozess statt, der mit großen Anstrengungen fortgesetzt werden muss. Und da gerade das Abitur eine kontinuierliche Leistungsmessung garantiert, ist dieses Studierfähigkeits- oder Auswahltests, die womöglich von der Tagesform abhängen, vorzuziehen. Zudem ist der kosten- und barrierefreie Zugang zum Abitur gewährleistet, hingegen kann dies bei weiteren Tests nicht garantiert werden. Studien verweisen zudem darauf, dass die höchste Korrelation zwischen Studienerfolg und Abitur- bzw. Mathematiknote besteht.
Empfehlung der Antragskommission:
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